Die Inhour Gleichung beschreibt das zeitliche Verhalten eines Reaktors. Ausgehend
von der zeitabhÀngigen Erhaltungsgleichung
[
\begin{align}
D \Delta \phi(\vec{r}, t) - \Sigma_a \phi(\vec{r}, t) + S_{th}(\vec{r}, t) = \frac{1}{v} \frac{\text{d} \phi(\vec{r}, t)}{\text{d} t} \\
S_{th}(\vec{r},t) = \underbrace{p(\tau_{th}) q(\vec{r} \tau_{th}, t)}_{\text{Quelle thermischer Neutronen}} \\
q(\vec{r}, \tau_{th}, t) = \underbrace{\frac{k_\infty}{p} \Sigma_a \phi(\vec{r}, t)}_{\text{Spaltquellen}} + \underbrace{Q_n(\vec{r})}_{\text{stationÀre Quellen}}
\end{align}
]
Wie bereits bei der KritikalitÀt eines nackten Reaktors gezeigt wurde, kann diese
Gleichung durch
[
\begin{align}
\phi(\vec{r}, t) = \frac{p}{k_\infty \Sigma_a} \sum_{n=1}^\infty \left(A_n \text{e}^{\frac{k_n-1}{l_n}t} + \frac{Q_n k_n}{1 - k_n}\right) R_n
\end{align}
]
gelöst werden, wobei wieder ein Seperationsansatz $\phi(\vec{r}, t) = R(\vec{r})T(t)$ verwendet wird. FĂŒr
das Zeitverhalten des Reaktors spielen verzögerte Neutronen eine signifikante Rolle (ein prompt kritischer
Reaktor wÀre nicht steuerbar, ist der Reaktor hingegen nur mit verzögerten Neutronen kritisch ist eine
Regelung möglich). Der Anteil an der Gesamtwirkung durch verzögerte Neutronen ist aufgrund ihrer geringeren
Entstehungsenergie etwas höher als ihr Anteil an der Gesamtheit der Neutronen. Die Gesamtproduktion
von Spaltneutronen - das heiĂt sowohl verzögerte als auch prompte Neutronen) ist
[
v \epsilon \Sigma_f \phi(\vec{r}, t) = \frac{k_\infty}{p} \Sigma_a \phi(\vec{r}, t)
]
Der Quellterm der Prompten Neutronen wird um den Neutronenverlust durch Resonanzabsorption und Ausfluss
aus dem Reaktor korrigiert:
[
\text{e}^{B^2 \tau_{th}} p\left(1 - \beta\right) \frac{k_\infty}{p} \Sigma_a \phi(\vec{r}, t) = Q_{th}^p
]
Der Quellterm der verzögerten Neutronen kann ĂŒber die Zerfallsraten der Mutterkerne sowie den auftretenden
Verlusten durch Ausfluss modelliert werden, wobei die verzögerten Neutronen typischer Weise in 6 Energiegruppen
eingeteilt werden. Desweiteren kann die Erzeugungsrate der Mutterkerne verzögerter Neutronen $\frac{\partial C_i}{\partial t}$
definiert werden:
[
\sum_{i=1}^6 \lambda_i C_i (\vec{r}, t) \\
\underbrace{p \text{e}^{-B^2 \tau_{th}}}_{\text{Verbleibwahrscheinlichkeit}} \underbrace{\sum_{i=1}^6 \lambda_i C_i(\vec{r}, t)}_{\text{Entstehende thermische Neutronen}} = Q_{th}^v \\
\frac{\partial C_i(\vec{r}, t)}{\partial t} = -\lambda_i C_i (\vec{r}, t) + \Sigma_a \frac{k_\infty}{p} \beta_i \phi(\vec{r}, t)
]
$\beta_i$ ist hierbei der Anteil der verzögerten Neutronen der Gruppe $i$ an den verzögerten Neutronen sowie $\beta = \sum_{i=1}^6 \beta_i$ der
Gesamtanteil an verzögerten Neutronen an der Gesamtzahl der Spaltneutronen.
[
D \Delta \phi(\vec{r}, t) + \underbrace{\Sigma_a \left( k_\infty \text{e}^{-B^2 \tau} (1 - \beta) - 1\right) \phi(\vec{r}, t)}_{\text{Spontane Neutronen und Absorption}} + p\text{e}^{-B^2 \tau} \sum_{i=1}^6 \lambda_i C_i(\vec{r}, t) = \frac{1}{v} \frac{\partial \phi(\vec{r}, t)}{\partial t}
]
Aus dem Seperationsansatz folt fĂŒr die Grundmode $\frac{\Delta \phi}{\phi} = \frac{\Delta R}{R} = -B^2$, wodurch die
Erzeugungsrate der Mutterkerne mit dem Ansatz $C_i(\vec{r}, t) = G(\vec{r}) H(t)$ durch
[
\frac{\text{d} H_i(t)}{\text{d}t} = \beta_i \frac{k_\infty}{o} \Sigma_a \frac{R(\vec{r})}{G(\vec{r})} T(t) - \lambda_i H_i(t)
]
ausgedrĂŒckt werden kann. Die Lösung der Gleichung liefert mit der Definition der
ReaktivitÀt $\rho = \frac{k-1}{k}$ (und damit $k = \frac{1}{1 - \rho}$)
die Inhour Gleichung:
[
\rho = \frac{l}{kT} + \sum_i \frac{\beta_i}{\lambda_i T + 1} \\
\phi = \sum_i A_i \text{e}^{\omega_i t}
]
Da negative Terme rasch abklingen, ist nur der Beitrag von $\omega_0$ fĂŒr $t \gg \frac{1}{\lambda_i}$
interessant:
[
\phi = \phi_0 \text{e}^{\omega_0 t} = \phi_0 \text{e}^\frac{T}{\tau}
]
Der Term $\omega_0$ ist hierbei die stabile Reaktorperiode, die in einem gewissen Bereich von $l$ unabhÀngig
ist - in diesem Bereich ist eine stabile Regelung möglich. Eine analytische Betrachtung ist fĂŒr
die GrenzfĂ€lle $\omega_0 \ll \lambda_i$ oder $\omega_0 \gg \lambda_i$ möglich. Bei groĂen Reaktorperioden
von ca. $100 \text{s}$ zeigt sich eine von der Neutronenlebensdauer unabhÀngige Reaktorperiode, die
umgekehrt proportional mit der ReaktivitÀt zusammenhÀngt ($T \approx \frac{1}{\rho} \sum_i \frac{\beta_i}{\lambda_i}$.
FĂŒr sehr groĂe ReaktivitĂ€tsĂ€nderungen zeigt sich, dass die Reaktorperiode nur durch prompte Neutronen
bestimmt wird ($T \approx \frac{l}{k\rho} = \frac{l}{k-1}$), was zu sehr kurzen Reaktorperioden ($T < 0.2\text{s}$)
und damit einer schweren bis unmöglichen Regelung fĂŒhrt.
Löst man die Gleichung und fasst dabei alle verzögerten Neutronen zu einer Gruppe zusammen, kann mit
dem Ansatz $\phi = A_0 \text{e}^{\omega_0 t} + A_1 \text{e}^{\omega_1 t}$ einfach erkannt werden,
dass im Falle eines negativen ReaktivitÀtssprungs die Abschaltung des Reaktors durch verzögerte
Neutronen gehemmt wird (hierbei liegt $T \approx - 50\text{s}$), woraus erkannt werden kann,
dass selbst bei sehr groĂen ReaktivitĂ€ten eine finite Reaktorperiode folgt, d.h. die Abschaltgeschwindigkeit
limitiert ist.
Die durch diese Reaktorperiode hervorgerufene NachzerfallswĂ€rme ist allerdings gegenĂŒber der NachzerfallswĂ€rme
durch Spaltprodukte vernachlÀssigbar.